Webseite von Ralf Melchisedech
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Dieser scheinbare Widerspruch löst sich dadurch auf, dass in der Argumentation von Zenon nur ein Ausschnitt der Rennstrecke betrachtet wird.

Nehmen wir an, Achilles startet am Punkt s0 und die Schildkröte am Punkt s1. s1 liegt einen Meter vor s0. Sobald Achilles den Punkt s1 erreicht hat, befindet sich die Schildkröte am Punkt s2. s2 liegt nur 10 cm von s1 entfernt (denn die Schildkröte ist nur 1/10 so schnell wie Achilles). Wenn Achilles den Punkt s2 erreicht, befindet sich die Schildkröte am Punkt s3, der nur 1 cm von s2 entfernt ist. Der Punkt s3 ist also 1,11 m vom Startpunkt s0 entfernt. Allgemein gilt: Der Punkt si ist 1,1....1 m (mit i-1 Nachkomma-Einsen) vom Startpunkt s0 entfernt.

Egal, wie groß i gewählt wird, der Wert für si, also die von Achilles zurückgelegte Strecke, bleibt immer unter 1,11... m (mit unendlich vielen Nachkomma-Einsen). Wenn i gegen unendlich strebt, strebt die betrachtete Strecke gegen 1,11... m,. Ebenso verhält es sich mit der Zeit. Wenn Achilles 1 m pro Sekunde läuft (was nicht sehr schnell ist, aber in einem Wettrennen mit einer Schildkröte durchaus ausreichen dürfte), dann wird ein Zeitraum von 1,11... Sekunden betrachtet.  Folglich ist die Aussage, dass Achilles die Schildkröte niemals überholen wird, falsch. Richtig ist, dass Achilles die Schildkröte in dem betrachteten Zeitraum von 1,11... Sekunden nicht überholen wird.

Um dieses Problem zu lösen, musste erst die Infinitesimalrechnung erfunden werden. Nur, wenn man versteht, dass Summen mit unendlich vielen Summanden endliche Werte haben können, kann man dieses Rätsel lösen. Zenon und die alten Griechen hatten dieses Wissen nicht. Folglich mussten sie mit einem ziemlich heftigen Widerspruch in der Mathematik zurechtkommen.

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